Kritik Lesung Ali Khan – Münchner Merkur 2009
PRESSETEXT:
Lesung: Ali Khan liest Ali Khan
Ali Khan – Live!
Lesung & Kabarett
Ali Khan – Laimer Geschichten
Ali Khan , bayrischer Perser* beschreibt seine Heimat München, den Stadtteil Laim, dem sein Herz gehört.
Immer mehr Menschen aus anderen Ländern suchen in Deutschland eine bessere Existenz oder politisches Asyl. Von Integration wird dieser Tage viel geredet –
mit und ohne Fragebogen. Was aber ist mit denen , die – hier geboren und beheimatet – sich dennoch nicht so unhinterfragt zu Hause fühlen können, wie es uns „Deutschen“ selbstverständlich scheint – weil ihre Abstammung, ihr Name, ihr Aussehen nicht so deutsch, so ty-pisch bayrisch sind wie das der hier seit Generationen ansässigen Einheimischen?
Unterscheidet sich ihre Empfindung und Sichtweise von denen der Urbayrischen? Wenn ja , wie? Schärft die empfundene Nichtzugehörigkeit den Blick für soziale Ungleichheiten, für unsensibles Verhalten der Mitbürger? Von fehlender innerer Heimat kann gesprochen werden, von einer seelischen Zuordnungsschwierigkeit und von einem Identifikationsproblem bei eben nicht ein-deutiger nationaler Identität – kaum nachfühlbar von „echten“ Deutschen. Was noch vor 10 Jahren als exotischer Einzelfall vernachlässigt werden wollte, wird zum Normalfall. Unsere Schulen können es bestätigen.
Ali Khan – Vater Iraner aus Tadschikistan, jetzige Sowjetrepublik, früherer Iran, Mutter Bayerin mit Vorfahren aus Südtirol – Musiker, Radiomoderator, TV-Night Talker, Münchens Enfant terrible, exzellenter Drummer und kaum ´domestizier-bare´ Künstlernatur, hat seine Kindheitserinnerungen geschrieben.
Inhalt:
Unvermutet anrührend und sensibel, ehrlich und überraschend offen beschreibt Ali Khan in seinen Laimer Geschichten Erinnerungen an seine Kindheit, das Aufwachsen in Laim, erste Erfahrungen als Musiker, seine wilden Freunde – den Tod des persischen Vaters, die Affenliebe zur Mutter, einziger, sicherer Bezugspunkt in einer kalten Welt ohne väterlichen Schutz – und immer wieder seine so authentischen Eindrücke von Laim, gegen das „die Bronx ein Naherholungszentrum“ ist.
Er erzählt vom Onkel, dem Kirchenorganist, vom Kiosk der Mutter, von Albert, dem Neger und vom Radlrichter, vom Obdachlosen als Weihnachtsgast, vom Doktorspielen, von der Kartoffelnase, von Drogen, vom Schuh-Bittl und der Bäckerei Detterbeck.
Wir finden uns wieder in den kleinen Preziosen, wir tauchen ein in einen Mikrokosmos, in dem die Bilder eines alten München lebendig werden, das es so nicht mehr gibt, wir erschrecken über die Kälte mancher anonymer Briefschreiber – und wir erfahren, was es heißt, zwischen den Kulturen seine innere Heimat finden zu müssen, die verloren ging oder die man nie geschenkt bekam.
Und wir lernen, zwischen den Zeilen zu erlauschen, dass und warum dem oft scheinbar rigidem Verhalten von Mitbürgern ein innerer Schmerz zugrunde liegt – dass vermeintlich grundlose Aggression nicht nur in ´väterlichem Testosteron´, sondern vielleicht auch in unserer immer noch nicht zur Gänze bewusst ge-machten Ablehnung von Fremdem wurzelt.
Ali Khan – Laimer Geschichten
Termine 2009
München – Theater im SchlachthofAnzing – Zum Weinbeisser
München – Interim Theater
Berganger – Bühne am Berganger
Gotzing – Gotzinger Trommel
Münchner Merkur
Donnerstag 2. April2009 | Nr. 77
KULTUR
Von der Schwierigkeit, Mensch zu werden.
Berganger – Wenn Ali Khan zur Plauderstunde antritt, bereitet es ihm keine Verlegenheit, einen passenden Stoff zu finden. Wie jetzt auf der Bühne Berganger braucht er bloß das Hirn zu memorieren. Sogleich kommen, mit Unterstützung seines Laptop, die oft lustigen, manchmal traurigen, meist skurrilen Geschichten heraus. Ali Khan hat eine bewegte Vergangenheit gelebt als Hans Dampf in vielen Gassen. Auf Bairisch: ,,Er hot nix ausglassenu“ und ,,Viel wird ehm net obrennt sein“. Also: ,,A Hund is er scho!“
Dieses Image scheint er auch zu pflegen. In aller Offenheit erzählt er von seinen Erfolgen und Niederlagen, seiner intimen Befindlichkeit und seiner schwierigen Menschwerdung.Er, der Vielgereiste, glaubt Berganger ist ein guter Ort. Da er ihn aber nicht kennt, findet er wenigstens den Platz auf der Bühne gut. Dort sitzt er auf einem Sofa, schaut in das schwarze, unbeleuchtete Loch des Zuschauerraums, in dem er sein Publikum verrnutet. Da er, wie er versichert, sowieso etwas schlecht hört, findet er das erträglich. Nach eigener Einschätzung war er kein böses Kind – eher eine Landplage. Frühsexuelle Erfahrungen hat er mit Erwerbsstreben verbunden. Mit Decken hat er im Freien ein Karree abgeteilt,in dem er an seiner Gespielin medizinische Untersuchungen vomahm. Die Eintrittsgelder des gleichaltrigen Publikums teilte er mit der jungen Dame. Später, als Schüler, glaubte er mit Drogen den geistigen Reifeprozess beschleunigen zu können. Das trug zwar wesentlich zur Bewusstseinserweiterung bei, aber seine schulischen Leistungen verschwanden im Minimum. Ali Khans Schilderung seiner Menschwerdung lassen an Selbstentblößung nichts zu wünschen übrig. In einem ersten Besuch eines Puffs in der Münchner Hohenzollernstraße, wollte er, trotz seiner hemmenden Hemmungen zum Erfolg kommen, obwohl er das Objekt der Begierde entsetzlich fand und am liebsten geflüchtet wäre. Er konnte einfach die horizontale Dame nicht kränken.Trotz aller Kraftsprüche, die der Ali auf Lager hat, ist er ein Sensibelchen, wie alle guten Künstler und seine Haut ist dünner als er zugibt. Als Musiker hatte er seinen ersten Kulturschock, als zwei Punker von oben auf seine Windschutzscheibe bieselten. In diesem Punkkonzert blieb er nur eine halbe Stunde, weil er Angst hatte, von herumfliegenden Bierllaschen getroffen zu werden. In Tettau hat man ihm nur auf das Auto gespuckt. Er “ flüchtete überstürzt, weil ausländerunwillige Neonazis ihm,die Fresse polieren wollten“. Dabei ist der Ali ein Deutscher. In Niederbayern geboren.Bayerischer geht es gar nicht mehr. Er ist auch kein Schläger. Er schlägt nur sein Schlagzeug, der Rest von ihm ist Pazifist, obwohl sein Kabarettprogramm damals,,Bombenstimmung“ hieß.
Seine überaus plastische Erzählweise macht auch vor Selbstkritik nicht halt. Er badet sich im vergangenen Leid. Das Fublikum in Bergangebr badetev gern mit. Als Fazit seinerg erlebten Menschwerdung gibt er seine Lebenserfahrung preis. Er rät, sich vom eigenen ,,Ich“ zu befreien, dann kann man alles werden! Aber – wie lässt sich das bewerkstelligen?
Vielleicht erzählt er das beim nächsten Mal.
6. November 2009
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